Mätressen

Geliebte des Königs

Europäische Herrscher*innen steckten in der Zwickmühle. Einerseits konnten sie ihre Ehepartner*innen nicht frei wählen (Siehe Tafel Ehe). Andererseits verfügten sie bis zum Ende des Absolutismus über immer mehr Macht, die auch in ihrem Lebensstil dargestellt werden sollte. Dazu gehörte der Bau entsprechender Schlösser, aber auch das „Liebesleben“. Neben die eigentliche Ehefrau bzw. den Ehemann traten weitere Frauen, die Mätressen. Diese waren dabei mehr als nur Geliebte des jeweiligen Herrschers. Eine der ersten bekannten Geliebten war Alice Perrers (ca. 1342 – 1400). Wir wissen von ihr, weil sie die 10 letzten Lebensjahre des englischen Königs Edward III dazu nutze, sich so viele Geschenke vom König machen zu lassen, dass sie zu einer der reichsten Grundbesitzerinnen Englands wurde. Dokumentiert sind diese Schenkungen des Königs, weil das Parlament nach dem Tode Edwards 1377 den Besitz konfiszierte und Alice vor Gericht zog, um Geschenke und Land zurückzugewinnen. Entsprechend ist ihre Rolle in den Gerichtsakten dokumentiert. Dazu kommen drei Kinder, die dieser unehelichen Beziehung entsprangen und aktenkundig wurden.

Maîtresse oder vollständig „Maîtresse en titre“ wurde als offizieller Titel erstmals durch den französischen König Franz I (1494 – 1547) an seine Geliebten vergeben. Die Mätresse seines Sohns Heinrich II war Diane de Poitiers (1499 – 1566). Beide zeigten ihre Liebesverhältnisse auch in der Öffentlichkeit. Am französischen Königshof gab es damit offiziell die Mätresse des noch regierenden Franz I, die Mätresse des Kronprinzen Heinrich und dessen Ehefrau Katharina. Letztere hatte dabei die schlechteste Position, weil sie noch kein Kind geboren hatte und ihr daher die Scheidung drohte. Mit der Krönung Heinrichs zum König 1547 stieg Dianes Einfluss. Sie unterzeichnete gemeinsam mit dem König Erlasse, trug die Kronjuwelen an Stelle der Königin und der König erließ eine Steuer, deren Einnahmen nur Diane zuflossen, welche sie jedoch nach seinem Tod wieder zurückgeben musste.

Im 17. Jhdt. und 18. Jhdt. etablierten sich Mätressen dann in fast ganz Europa als selbstverständlicher Bestandteil der höfischen Kultur. Ihre Funktion konnte aber auch die einer Gesellschafterin des Herrschers sein. So reiste der hannöversche Kurfürst Georg Ludwig zu seiner Krönung als englischer König 1714 mit seinen beiden Mätressen.
Die Selbstverständlichkeit außerehelicher Beziehungen galt dabei nicht nur für Männer. Die russischen Zarinnen Elisabeth I (1709-62) und Katharina II (1729-96) hatten jeweils auch Liebhaber. Allerdings gab es für sie keinen offiziellen Titel. Sie wurden aber für ihre Dienste mit Ämtern oder Landgütern entlohnt. Dass die Geliebte eines Herrschers offiziell geheiratet wurde, blieb allerdings die Ausnahme genauso wie der Umstand, dass auch Frauen in den patriarchalen Gesellschaften der Vergangenheit Herrscherin werden konnten. Möglich war allenfalls eine „morganatische Ehe“, bei der die Kinder von der Erbfolge ausgeschlossen waren.
Die Zeit der Mätressen endete im 19 Jahrhundert, als sich bürgerliche Moralvorstellungen und die Tabuisierung von Sexualität auch im Adel durchsetzen, bzw. auch zum Maßstab für die Herrscherhäuser wurden. Außereheliche Beziehungen waren zwar noch selbstverständlich, wurden aber nicht mehr öffentlich gezeigt. So förderte Kaiserin „Sissy“ die Freundschaft zwischen der Schauspielerin Katharina Schratt (1853-1940) und ihrem Ehemann Kaiser Franz-Josef (1830-1916).

Er besaß zum Haus der „Schratt“ einen eigenen Schlüssel und schenkte ihr dafür Geld, Schmuck und eine Villa. Was bleibt ist der Umstand, dass die außerehelichen Beziehungen des Adels unter besonderer Beobachtung stehen und deshalb heute möglichst geheim gehalten werden.

Die berühmteste Mätresse der Welt
– Madame de Pompadour

Die bekanntesten Mätressen in Frankreich sind die von Ludwig XIV und Ludwig XV. Während die Mätressen von Ludwig XIV noch alle aus dem Adel kamen, erhob Ludwig XV erstmals eine bürgerliche Frau zur Mätresse. Diese war 1721 als Jeanne-Antoinette Poisson geboren worden und hatte 1741 einen Steuerunterpächter geheiratet. Nach Beginn ihrer Beziehung erhob der König die noch verheiratete Frau 1745 zur Marquise de Pompadour und stellte sie dann offiziell in Versailles vor. Die Beziehung dauerte von 1745 bis 1751. Anschließend konnte sie den Titel der 1. Mätresse bis zu ihrem Tod 1764 gegen die nachfolgenden Liebhaberinnen des Königs verteidigen. Dabei half ihr, dass sie sich auch um die Freundschaft der Königin bemüht hatte

Illustrationen: Darcy Quinn